Spätsommertour nach Prag – Eine nachhaltige Studienfahrt
Weißt du, woher die Bezeichnung Goldene Stadt stammt oder warum während des Prager Frühlings Straßenschilder abgebaut, verdreht oder zerstört worden sind; für welche weltberühmten Persönlichkeiten wohl Prag die Geburts- und Wirkungsstätte war oder ob 100 CZK für einen Hamburger preislich überzogen seien? Nach einem ersten Faktencheck wurde die digitale Stadtrallye zur nächsten Erkundungstour. Die Wand mit dem Give peace a chance-Sound von Freiheit und Solidarität ist John Lennon, dem Helden der tschechischen Jugend während der kommunistischen Herrschaft, gewidmet. Letztmalig wurde der Untergrund wohl 1998 weiß gestrichen und seitdem – eher unschön, wie wir finden – als Denkmal der Freiheitsäußerung mit unzähligen Aufklebern, Graffitti und Farben übertüncht. Ansonsten überall Karl. Allein die heutige Touristenmeile Karlsbrücke lockte bereits im Mittelalter Maler, Bildhauer und Handwerker an. Die Stadt hat bis in die Gegenwart den Charme einer europäischen Metropole behalten und ist natürlich auch aufgrund einer schnellen Flixbus-Verbindung immer einen Besuch wert. Gemeint ist aber Karl IV., geboren vor mehr als 700 Jahren als Wenzel, welcher als böhmischer König den Aufstieg zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches schaffte. Er leitete den Bau des Veitsdomes, gründete 1348 die erste Universität Mitteleuropas und förderte den Handel – und man begegnet ihm auch in jedem Kaffeehaus und Souvenirshop.
Die Prager Legenden und Geistergeschichten führten uns auf einem historischen Rundgang zum Agnes-Kloster, dem Haus der steinernden Glocke und zu einer der ältesten noch erhaltenen Synagogen Europas Altneusynagoge in die Josefstadt. Auch der ursprüngliche Handelsplatz Teynhof mit seinem wunderschönen Atrium, den reich verzierten Außenwänden und dem imposanten Balkon aus dem 11./12. Jahrhundert, der nach umfassenden archäologischen Untersuchungen in den neunziger Jahren rekonstruiert wurde, zählt heute zu den historisch bedeutendsten Orten in Prag, da er Baustile aus verschiedenen Epochen dokumentiert. Ein attraktiver Rundgang auf der Prager Burg und durch das von früheren Goldschmieden und Burgbediensteten bewohnte Goldene Gässchen hinter dem wohl beeindruckendsten Bauwerk, dem St. Veitsdom, folgte. Seine Legenden umfassen auch den vom Drachen besiegenden Wenzel und einer verborgenen goldenen Statue. Der unterhalb der Burg gelegene königlich-idyllische Garten des Wallenstein Palais mit seiner künstlichen Tropfsteinwand beschließt den Tag der verborgenen Erzählungen und Legenden.
Prag als Stadt der Wissenschaft führte auf einer straffen Route zum Nationalmuseum, zur Akademie der Wissenschaften und dem flächengrößten Gebäude der Stadt, dem Klementinum. Pünktlich mit dem Glockenschlag der berühmten Astronomische Uhr wurden uns deren mechanische Funktionsweise und die bedeutungstragenden Gestaltungselemente erläutert. Prag ist die Wiege der Astronomie. Zahlreiche Teleskope und Pendel und die jahrhundertewährenden Himmelsbeobachtungen machten die Stadt interessant für bedeutsame Forscher der Naturwissenschaften, allen voran Tycho Brahe und Johannes Kepler. Nach dem Besuch im Technischen Nationalmuseum gab es noch einen anstrengenden Aufstieg zum Metronom.
Dem literarischen Prag begegnet man überall in der Stadt. Und selbst die nahezu gleichaltrigen Autoren der Literaturszene in der letzten Jahrhundertwende mussten für ihre kulturellen und geselligen Treffen weite Wege zurücklegen. Bereits entlang des Altstädter Ringes befinden sich der literarische Salon von Berta und Max Fanta, in dem wohl auch Albert Einstein 1911 einkehrte; das Haus des Buchhändlers Alexander Štorch und die Teynschule, ein Gymnasium, das auch Kafka besuchte. Und eine Begegnung mit Kafka selbst ist nicht zu vermeiden. Warum besteht die heutige Statue Metamorphose aus 42 sich minütlich beweglichen Lettern? Eine große Überraschung erwartete uns abschließend mit der wohl wertvollsten Bibliothek im Kloster Strahov oberhalb des Hradschin. Die beeindruckende Deckenmalerei als auch die Ausstellung wertvoller mittelalterlicher Handschriften faszinierte. Auf den letzten Spuren ging es weiter zur Nationalbibliothek, zum 1902 gegründeten Café Louvre, in dem sich Franz Kafka, Samuel Hugo Bergmann, Franz Werfel und Max Brod regelmäßig trafen, und dem Prager Literaturhaus, einem Veranstaltungsort für Lesungen und literarische Abende des Prager Kreises, einer Gruppe deutschsprachiger Literaten zwischen 1905 und 1925 in Prag.
Weißt du, wie man Prag nachhaltig erkundet? Indem man selbst recherchiert, seine Tagesrouten plant und vor Ort erkundet; indem alle Stationen in der Stadt nahezu ohne Verkehrsmittel erreicht werden und indem man zu fairen Preisen reist, wohnt und die Geselligkeit mit Anderen genießt.